Dystopia

Neues aus Dystopia – Fragmente einer anderen Welt

Lesedauer 3 Minuten

Neues aus Dystopia

Man nennt es eine Welt.
Andere sagen: ein System.
Wieder andere: ein Zustand.

Dystopia ist kein Ort mit Grenzen.
Es ist eine Ordnung, die überall sein könnte.
Vielleicht ist sie schon da.

Blättern Sie im Archiv – und prüfen Sie, ob Sie schon dort waren.

Vielleicht ist es schon zu spät…


Neues aus Dystopia – Archiv der Fragmente

Kategorie I – Struktur & Ritual

Fragment A0 Die Zeremonie: Man kommt zusammen, man senkt den Blick, man tut was vorgesehen ist. Was einst Sinn hatte, ist nur noch Form. Eine Parabel von 2 Minuten.

Fragment A1Warten: Eine Haltestelle. Kein Plan, keine Uhr. Nur Menschen, die warten. Vielleicht auf einen Bus. Vielleicht auf etwas anderes. Es kommt nichts – aber man bleibt.

Fragment A2aDie Bewertung Teil 1: Ein Leben im grünen Bereich. Alles ist geregelt, kalkuliert, optimiert – bis auf das, was fehlt. Er lebt im Rhythmus der Punkteskala, jeder Blick, jedes Lächeln, jede Geste misst seinen Wert. Als er für einen Moment zögert, gerät das System ins Wanken – oder er selbst. Doch dort, wo Zahlen keine Rolle mehr spielen, beginnt vielleicht etwas anderes. Etwas, das nicht bewertet werden kann.

Fragment A2bDie Bewertung Teil 2:

Fragment A2cDie Bewertung Teil 3:

Fragment A3 Arbeit ist wichtig: Sie bewegen die Hände. Immer. Präzise. Leer. Niemand weiß, was getan wird – nur dass es getan werden muss. Die Maschinen sind verstummt, doch das Summen bleibt. Ein Sinn? Vielleicht in der Bewegung selbst. Wer fragt, riskiert die Ordnung. Wer zweifelt, arbeitet schlechter.

Fragment A4 Man lebt nicht vom Brot allein: Ein Restaurant voller Versprechen. Alle warten auf das, was niemals kommt. Nur das Warten selbst scheint zu nähren – bis einer aufsteht.

Kategorie II – Nähe und Distanz

Fragment B0 – Die Berührung: Man sagt, früher habe ein Händedruck gereicht, um alles zu verlieren. Heute braucht es Zustimmung, Dokumentation, einen Grund. Doch manchmal spürt man etwas – durch Stoff, durch Glas, durch Protokolle hindurch. Etwas, das nicht vorgesehen ist. Nicht erlaubt. Vielleicht: Nähe.

Fragment B1 – Der Blick: Augenkontakt ist limitiert. 2,7 Sekunden – danach wird gewarnt. Zu lang geschaut, zu tief gesehen. Der Blick wird vermessen, reglementiert – weil er treffen kann, erinnern, aufwühlen. Doch ein Kind sieht ihn an – lange, ungefiltert. Für einen Moment: eine Verbindung. Keine Regel. Nur das, was einmal war – oder hätte sein können.

Kategorie III – Zeit & Erinnerung

Fragment C0Die Nacht: Man begann, sie aufzuzeichnen – jede Sekunde, jedes Geräusch, jeden Traum. Was einst verborgen war, wurde sichtbar. Was erlebt wurde, wurde ersetzt. Die Dunkelheit flackerte. Und irgendwann wusste niemand mehr, wie sie sich anfühlt.

Fragment C1 – Immer weiter: Stillstand ist verdächtig. Wer innehält, gefährdet den Takt. Alle sind in Bewegung – ziellos, doch mit Ziel. Türen öffnen sich zu Gängen, Gänge führen ins Nichts. Es zählt nicht das Wo, nur das Weiter. Aber was, wenn jemand stehen bleibt? Was, wenn jemand fragt? Vielleicht gibt es etwas, das nicht rennt – sondern einfach nur ist.

Fragment C2 – Das Gedächtnis: Sie lachten, wie sie sich später lachen sehen wollten. Sie küssten sich, wie sie sich später küssen sehen wollten. Sie lebten, um es später anschauen zu können. Und vergaßen, wie es war, da zu sein. Der Moment war zur Kulisse geworden. Nicht zum Erleben. Zum Aufzeichnen.

Kategorie IV – Sprache & Wahrheit

Fragment D0Man sagt: Man sagt, es sei nur eine Geschichte. Man sagt, sie dauere zwei Minuten. Man sagt, sie sei harmlos. Doch wer liest, wird spüren: Etwas fehlt. Etwas war da. Etwas wird nicht gesagt. In einer Welt, in der das Ich verschwunden ist, lebt man – angepasst, korrekt, ohne Ecken. Bis ein Junge ein Wort auf der Zunge spürt, das niemand mehr ausspricht. Ein kleines Wort. Ein gefährliches Wort. Ein Anfang.



Externe Links:

Wikipedia: Dystopie