Sprung, die Bedeutung des Sprunges, springen
Existenzphilosophie,  Philosophische Lyrik

Der Sprung – oder über was es heißt zu springen

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Lesedauer 2 Minuten

Bereits seit längerem beschäftigt und fasziniert mich der Begriff des „Sprunges“. Wie so viele Begriffe die wir im Alltag verwenden, bleiben ihre tieferen Bedeutungen oft unreflektiert. Was verbirgt sich hinter diesem einfachen Ausdruck, der gleichzeitig eine so kraftvolle Bewegung und Veränderung impliziert. In diesem Essay möchte ich den Begriff des Sprunges aus seiner Alltäglichkeit einmal herausholen und im Hinblick auf seine tiefere existenzielle Bedeutung hin, tiefer zu reflektieren.

Marc-Anthony Widmann

Der Sprung steht für vieles, für die Kühnheit, Überwindung, Veränderung, Neuanfang. Er verbindet das Neue mit dem Alten, das Vertraute mit dem Fremden, das Wirkliche mit dem Möglichen. Er steht gleichsam für die Verwirklichung, den Schritt vom Gedanken zur Tat, von der Theorie zur Praxis.

Im Sprung verlassen wir die Spur des Stetigen. Zwar ist nichts gegen ein stetes Werden einzuwenden, wer aber wirkliche Veränderung sucht, wird diese nur im Sprunge finden. In ihm versammelt sich der ganze Mut der Gegenwart, bereit alte Ordnungen aufzugeben, ins Neue aufzubrechen. Versteht man das Leben als ein Sein im Werden, dann verkörpert der Sprung die Radikalität dieses Werdens.

Der Sprung jedoch kommt niemals allein. Begleitet wird er von der Entschlossenheit, getragen wird er von der Hoffnung. Im Sprung verlassen wir die gewohnte Ordnung, tauschen sie ein gegen einen Moment der Unordnung, um auf einer höheren Ebene wieder zu uns selbst zu kommen. Im Sprung lebt der Geist der Bejahung, der Bekräftigung dessen, was wir sind und was wir sein wollen.

In nichts kommt das Wagnis, das man Leben nennt, besser zur Geltung als im Sprung. Überhaupt erwacht im Sprung das Leben. Es nämlich selbst beginnt mit einem Sprung. In jenem ersten Sprung, dem Ursprung erwacht jenes Wagnis, das man Leben nennt. Ein Wagnis, weil wir beim Sprung, aller Vorausschau zum Trotz, nicht wissen, wie und wo wir genau landen werden und ob sich das erhoffte erfüllt. Oft sogar wissen wir noch nicht einmal, wohin wir genau springen, manchmal ist er nur ein Raus aus dem Hier und Jetzt. Er ist ein Eintauchen ins Ungewisse, eine bewusste Entscheidung für das Risiko und die Möglichkeit des Scheiterns.

Was also heißt es zu springen? Springen also heißt vor allem eines, Aufbruch. Aufgebrochen wird nicht das, was vor uns liegt, sondern das was hinter uns liegt. In der Vielschichtigkeit des Sprunges finden sich jene existenziellen Dinge, die das menschliche Dasein überhaupt erst ausmachen: Mut, Angst, Hoffnung und die Freiheit unser eigenes Schicksal zu wählen.

Ich sehe daher den Sprung als das, was er ist – gelebte und vollzogene Freiheit. Er ist aber auch eine Einladung, die verschiedenen Möglichkeiten unseres Daseins zu erschließen und damit eine reichere und vollere Version von uns selbst zu erschaffen.

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Externe Links: Philomag-Lexikon: Der Existenzialismus

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