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Schuld und Verantwortung: Macht, Moral und die Angst, schuldig zu werden
Lesedauer 6 MinutenWarum wir Schuld neu denken müssen – und Verantwortung lernen sollten Der Ursprung: Die Erfindung der Schuld Der Ursprung der Schuld liegt nicht in der menschlichen Natur, sondern in der Zuschreibung. Es war ein revolutionärer und zugleich ein dämonischer Akt, als der Mensch begann, sein Handeln nicht mehr allein an seinen Folgen, sondern an einem transzendenten Prinzip zu messen. Das „Du sollst“ und „Du hättest sollen“ sind Geburtshelfer eines Prinzips, dessen Macht nicht aus äußerer Gewalt, sondern aus Deutung über die Seele erwächst Was als religiöse Idee begann, wurde irgendwann zur sozialen Ordnung. Religionen schrieben sie in heilige Texte, Staaten in ihre Gesetzesbücher. Doch der Kern blieb derselbe:…
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MASKENMANIFEST: Die Grammatik des Gesichts
Lesedauer 3 MinutenMASKENMANIFEST: Die Grammatik des Gesichts – Zwischen Maske und Ich oder: wie man sich zeigt, indem man verschwindet Was wir Gesicht nennen, ist letztlich nur eine Erzählung. Schau in den Spiegel und übe Dein Lächeln. Es ist nicht Deines – es gehört den anderen. Manche sagen ja, das Gesicht sei das Fenster zur Seele. In Wirklichkeit aber ist es Grammatik aus Fleisch. Sprache, die sich in Haut kleidet. Aber das Gesicht ist nur die Oberfläche – die eigentliche Maske liegt dahinter. Sie ist die Struktur, die das Ich formt – und bestimmt, was über Dich sagbar ist. Nicht Du trägst die Maske – die Maske trägt Dich. Sie…
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Blutzucker – Über die Süße der Schuld
Lesedauer 4 MinutenSüße Lüge, bittere Wahrheit: Der Blutzucker als moralisches Urteil und was er noch so über eine Gesellschaft verrät Zucker ist nicht nur ein Nahrungsmittel. Er ist Mythos, Ware, Droge und ein Versprechen. Aber in den meisten Fällen: eine Versuchung. Was süß schmeckt, zieht an – und wird später bereut. Die moderne Welt hat ihn in alles eingearbeitet – in Produkte, in Kindheitserinnerungen, in Gewohnheiten. Und dann hat sie begonnen, den Preis zu messen: In Milligramm pro Deziliter. Eigentlich ist der Blutzuckerwert eine nüchterne medizinische Größe. Er basiert auf wissenschaftlicher Evidenz, Statistik und klaren Grenzwerten. Und ein jeder weiß: Ein dauerhaft erhöhter Wert schädigt den Körper. Es gibt pathologische…
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Mord an Iryna Zarutska: Was hat Iryna Zarutska getötet?
Lesedauer 5 MinutenMord an Iryna Zarutska: Was hat Iryna Zarutska getötet? Manchmal sind es nur wenige Sekunden. Wie der Mord an Iryna Zarutska – eine junge Frau, 23 Jahre alt – in einem Zug in Charlotte, North Carolina. Sie sitzt entspannt, Kopfhörer in den Ohren, vertieft in ihr Smartphone, nichts ahnend von dem Grauen, das sich hinter ihr anbahnt. Plötzlich steht ein Mann auf – Decarlos Brown Jr., 34, mit einer Geschichte von Vorstrafen –, zieht ein Messer und sticht dreimal zu. Sie sackt zusammen, weinend, blutend, auf einem schäbigen Sitz. Um sie herum schockierte Fahrgäste, selbst völlig überfordert von dieser plötzlichen, rohen Gewalt. Ein Leben endet, bevor irgendjemand begreifen…
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Über Sinn – Und andere Dinge, die man dringend braucht
Lesedauer 2 MinutenSinn ist keine feste Größe, kein Schatz, den man irgendwann einfach hebt. Er lebt in der Bewegung, in der Suche, in den immer neuen Versuchen, die Welt zu ordnen. Vielleicht liegt seine Bedeutung gerade darin, dass er sich nie endgültig festlegen lässt. Und weil er so beweglich ist, wirkt er zerbrechlich. Sinn scheint daher oft bedroht. Er wird vom Alltag verschluckt, vom Zweifel zernagt und von Routinen überlagert. Manchmal aber auch, weil man merkt, dass er nicht immer hält, was er verspricht. Und so bleibt er das Einzige, was man sofort und unbedingt haben muss, sobald er verschwindet – und das Erste, was man vergisst, sobald er auftaucht.…
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Über Glück – Und andere Dinge, die man gut behaupten kann
Lesedauer 2 MinutenÜber Glück – Und andere Dinge, die man gut behaupten kann Was ist Glück? Eine Sammlung gut gemeinter Antworten auf eine falsche Frage Glück ist, was man nicht hat, solange man es sucht. Oder anders: Glück ist, wenn man vergisst, dass man es wollte. Glück ist, wenn es nicht weh tut. Oder wenn es nur kurz weh tut. Oder wenn man nicht weiß, dass es weh tut und sich später sogar dafür bedankt. Die alten Denker sagten: Glück sei innere Ruhe. Die neuen sagen: Es ist ein Kontoauszug, auf dem mehr steht als beim Nachbarn. Manche sagen auch: Es ist ein Morgen ohne Termine. Oder ein schöner Abend…
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Freiheit gibt es nicht? Über die Möglichkeit des Undenkbaren
Lesedauer 6 MinutenFreiheit gibt es nicht? Über die Möglichkeit des Undenkbaren Was Sie hier lesen, ist kein gewöhnlicher Text über Freiheit. Er ist auch kein Plädoyer für Selbstbestimmung, keine philosophische Meditation über Verantwortung und auch kein Lobgesang auf das autonome Ich. Im Gegenteil: Es ist der Versuch, einen Gedanken zu formulieren, der alles was wir darüber zu wissen glauben, in Frage stellt. Was, wenn es keine Freiheit gibt – nicht einmal im Innersten des Ichs? Was, wenn unsere Handlungen nicht aus uns hervorgehen, sondern wir nur der Ort sind, an dem sie zum Vorschein kommen? Was, wenn jede Entscheidung nur die nachträgliche Rechtfertigung eines bereits vollzogenen Vorgangs ist? Was, wenn…
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Metaphern: Sprache ist ein Metapherngefängnis
Lesedauer 4 MinutenSprache ist ein Metapherngefängnis Es war nur ein Tropfen auf den heißen Stein – und vielleicht sind Sie auch schon einmal aus allen Wolken gefallen. Solche Ausdrücke erkennen wir sofort als Metaphern. Möglicherweise, weil sie sehr bildhaft, ungewöhnlich und manchmal auch fast schon poetisch wirken. Sieht man aber genau hin, dann sprechen wir ständig in Bildern – oft, ohne es zu merken. Der Strom fließt, die Zeit vergeht. Wir sprechen von Teilchen, Kraftfeldern, Energie, Information – so als wären es Tatsachen. Aber was ist denn ein „Teilchen“? Ein Punkt im Universum? Eine mathematische Formel? Oder einfach ein Wort für etwas, das wir nicht verstehen? In der Psychologie verarbeiten…





















